Tailwalk BackHoo RISE C632 ML im Test – Multitalent oder Auslaufmodell?

Was früher die 5-20-Gramm-Rute um die 2 Meter war — also das universell einsetzbare Barschstöckchen — ist im modernen Spinnfischen wohl am ehesten mit Ruten der Powerklasse „Medium Light“ vergleichbar. Beinahe jeder namhafte Hersteller bietet in seinen größeren Serien Ruten dieser Klasse an. Tailwalk ist da natürlich keine Ausnahme und hat in der BackHoo RISE-Serie mit der C632 ML eine Rute am Start, die vom Datenblatt das Prädikat „Barsch-Multitalent“ verdient.

Preislich in der (leicht) gehobenen Mittelklasse angesiedelt und seit 2015 im Line-up der japanischen Edel-Ruten-Schmiede sind die Ruten der BackHoo-RISE-Serie derzeit die günstigste Möglichkeit, an eine Bass-Rute aus dem Tailwalk-Sortiment zu kommen.

Für mich ist die Serie erstmals so richtig interessant geworden, als ich jüngst auf der Suche nach einer ersten Partnerin für meine frisch erworbene Finesse Baitcaster Scorpion BFS XG war (Den Testbericht gibt es hier).

Nach etlichen Stunden vor dem Rechner und einigen unruhigen Nächten mit wilden Träumen von gebaitcasteten 40er Barschen habe ich mich dann im Rahmen des Nippon-Tackle-Partnerprogramms für die Bestellung der BackHoo RISE C632 ML entschieden. So viel vorweg: Bereut habe ich diese Entscheidung bislang nicht.

Tailwalk BackHoo RISE C632ML Griffstück im Detail

Foto: tackle-tester.de

Am Ende waren für mich zwei Dinge ausschlaggebend, warum sich die BackHoo RISE gegen die Konkurrenz von Shimano, Major Craft, und Co. durchgesetzt hat. Zum einen das Gewicht von unter 100 Gramm und zum anderen die Kombination aus Preis und Optik.

Zudem legten einige Reviews und Erfahrungsberichte aus Übersee nahe, dass die zweigeteilte C632 ML ein hohes Allround-Potenzial in puncto Angeltechniken und bei barschtypischen Ködergewichte aufweist. Dabei kann die Ausstattung mit höherpreisigen Ruten durchaus mithalten.

Ausstattung und Details BackHoo RISE C632 ML

  • Länge: 6´3 ft / 1,91 m (zweiteilig)
  • Gewicht: 96g
  • Wurfgewicht: 1/8 – 3/8 OZ / 3,5g-10 g
  • Aktion: fast
  • Empfohlene Schnurklasse: 6-12 lbs / 3-6 kg
  • Blankdurchmesser: ca. 1,5 mm bis ca. 8,9 mm
  • Grifflänge: 22 cm / 33,5 cm
  • Griffmaterial: Duplon (zweiteilig)
  • Beringung: 8+1 /Fuji KR-Guides
  • Rollenhalter: Fuji ACS

Look and Feel

Nachdem der Postmann das von Nippon-Tackle gewohnt schnell und im terrorsicheren Plastikrohr verpackte Paket bei mir abgeliefert hatte, stand erstmal das obligatorische Trockenwedeln und die Inspektion mit der Lupe an.

Optik

Vom leider gewohnt emotionslos gehaltenen Tailwalk-Futteral befreit, glänzt die BackHoo mit etlichen Applikationen und Zierwicklungen im unteren Teil.  Darüber deutet der unlackierte Blank an, dass die BackHoo RISE viel mehr sein will, als ein Mode-Stöckchen. Dabei wirkt der Mix aus Gold, dunklem Chrom und Carbonoptik in sich sehr stimmig und passt farblich  perfekt zur Scorpion BFS. Optisch bilden die beiden schonmal ein echtes Traumpaar <3

Tailwalk BackHoo RISE C632ML Griffstück im Detail mit Shimano Scorpion BFS Baitcaster-Rolle

Foto: tackle-tester.de

Performance im Trockendock

Die Rückstellgeschwindigkeit ist erwartungsgemäß: Schnell und kein Nachschwingen erkennbar. Die Ruten-Teile passen auch perfekt ineinander. Dass die Ringe in einer Flucht sind, erwähne ich hier nur der Vollständigkeit halber — alles andere wäre schlicht ein Garantiefall.

Mit dem Klarlack an den Ringwicklungen wurde nicht gespart, im Gegenteil. Irgendwo fand sich sogar eine minikleine Lacknase auf dem rauen Blank. Trotzdem: An der Verarbeitung gibt es insgesamt mal nichts auszusetzen — Einsteiger-Serie hin oder her. Das Duplon schließt ebenso perfekt mit dem Blank ab wie alle Zierwicklungen sauber und gerade aufgebracht wurden.

Sauber verarbeitete BackHoo Rise ML

Foto: tackle-tester.de

BackHoo RISE C632 ML in der Praxis

Am Wasser trennt sich die Spreu vom Weizen — das gilt gerade für Baitcaster-Ruten. Immer wieder erstaunlich wie anders die Wahrnehmung plötzlich sein kann, wenn es mit der Neuerwerbung zum ersten Mal unter Realbedingungen zur Sache geht.

Wurfperformance

Diesbezüglich kann man der BackHoo RISE C632 ML keinerlei Vorwürfe machen. Ein Laden-Blender oder Salon-Löwe ist sie mit Sicherheit nicht. Im Gegenteil: Das angegebene WG-Spektrum von 3,5-10g passt recht gut, wobei ich nach den ersten Schnuppertouren bis ca. 12 g Gesamt-Ködergewicht keinerlei Bedenken habe voll durchzuziehen.

Wurfperformance Tailwalk BackHoo RISE C632ML

 UntergrenzeWohlfühlbereichObergrenze
Jigs/Rigs1,5-Gramm-Kopf / Trailer: 3 Inch3,5-7-Gramm-Kopf / Trailer: 3 oder 4 Inch10-Gramm-Kopf / Trailer: 3 Inch
HardbaitsIllex Squirrel 61 (4,5g)
Illex Chubby 38 (4g)
Zipbaits ZBL Fakie Dog CB (5g)
Rapala X-Rap 8cm (7g)
Bassday Mogul Minnow 88SP (10,5g)
Pontoon 21 Loco Perro 80 DW (12,2g)

Bei dieser Aufstellung sollte nicht vergessen werden, dass mit der Scorpion BFS ein echtes Sahneröllchen die Wurfperformance der BackHoo nach Kräften unterstützt. Dennoch würde ich die Untergrenze bei 4g setzen, nach oben sind 14g drin, dann aber mit angepasster Beschleunigung.

Die Tailwalk BackHoo Rise ML passt auch optisch gut zur Shimano Scorpion BFS Baitcaster

Foto: tackle-tester.de

Progressives Wurfverhalten

Was positiv auffällt, ist die progressive Wurf-Aktion der BackHoo RISE C632 ML. Obwohl mit „fast“ ausgezeichnet, geht die Rute nach der Spitzenaktion nicht sofort in ein bedingungslos hartes Backbone über. Der Rutenwiderstand steigt zwar ab dem zweiten Viertel deutlich spürbar an, steigert sich dann aber eher moderat bis zur Teilung. Dann ist aber Schluss mit lustig, und die BackHoo RISE C632 ML spielt ihre ganze Kraft aus.

Das macht das Werfen mit einer hohen Bandbreite an Ködergewichten sehr angenehm und vermittelt auch BC-Einsteigern und -Fortgeschrittenen ein jederzeit sicheres Gefühl.

Anwendungsgebiete der BackHoo RISE C632 ML

Nach den ersten Ausflügen kann ich sagen: Die BackHoo RISE C632 ML beherrscht fast alle Spielarten des gezielten Barschangelns. Allerdings ist die Rückmeldung beim Jiggen mit Kopfgewichten unter 5 g nicht ideal. Das liegt meiner Meinung nach auch an der relativ kleinen Aussparung des ATC-Rollenhalters, der direkten Blank-Kontakt mit nur einem Finger ermöglicht.

Der kurze Foregrip wiederum erlaubt es, den Zeigefinger auf den Blank zu legen, was ich aber mit der BC als wenig stabil empfinde. Bei normalen Griff gibt es an dem ATC-Rollenhalter allerdings nichts zu bemängeln: Die Rute liegt fest und bequem in der Hand.

Der ATC-Griff der Tailwalk BackHoo Rise ML

Foto: tackle-tester.de

Keine Distanz-Jigge

Außerdem zeigt sich beim Jiggen auch ein bisschen die Negativseite der progressiven Aktion: Anschläge auf Distanzen von über 30 Metern mit ein paar Metern Wassertiefe sind nicht die Paradedisziplin der Rute.

Selbst habe ich mich ein paar Mal dabei ertappt, wie ich basspro-mässig die Rute an mich gerissen und dabei einen Schritt nach hinten gemacht habe. Das übrigens sehr zur Belustigung meiner Mitangler, denn das Resultat waren handlange Barsche und Fehlbisse. Dass das Stöckchen nur 1,91 m lang ist spielt hier natürlich auch eine Rolle. Grundsätzlich ist es aber bei mir aber sowieso so: Distanz-Jiggen mit der BC wird keine große Leidenschaft von mir werden.

Übrigens: Bei den Freestyle-Rigs aus Texas und Carolina empfinde ich diese Aktion dagegen nicht als Nachteil. Im Gegenteil. Sie kommt meiner eher langsamen stetigen Köderanimation entgegen.

Überraschend gut bei viel Widerstand

Positiv überrascht war ich bei der Verwendung von kleinen Spinnerbaits (7g / 1 Spinnerblatt), Cranks und allem was sonst noch für viel Wasserwiderstand sorgt: Hier puffern Blank und Rollenhalter einiges der Köder-Vibrationen ab, ohne, dass die Rute in die Knie geht.

Minnows und Topwater als Paradedisziplinen

Ebenfalls angenehm ist das Fischen mit Ködern, die im Wasser kaum Widerstand erzeugen. Hier stimmt das Feedback der Rute zu 100 Prozent und die feine Spitze meldet zuverlässig jeden Kontakt in die Rutenhand. Softjerks und Topwater-Gedöns machen mir richtig Spaß mit der BackHoo!

Auch die Minnow-Twitch-Geschichten bewältigt die BackHoo Rise ML mit Bravour. Bei Deepdivern dürfen es dabei allerdings durchaus etwas kräftigere Schläge sein, um die Köder anständig tanzen zu lassen.

Einsatzgebiete der BackHoo RISE C632 ML (+ bis +++++)

  • Topwater / Softjerks ++++
  • Twitchbaits ++++
  • T-Rig / C-Rig +++
  • Cranks / Spinnerbaits +++
  • (Distanz)-Jiggen ++

Drillverhalten der BackHoo RISE C632 ML

Das oben beschriebene progressive Verhalten unter Last gilt noch mehr für das Drillverhalten. Kleinere Gegner werden gut abgepuffert, dürfen ihre Kämpferqualitäten aber dennoch zeigen. Barsche ab 25 cm machen an der BackHoo RISE C632 ML dagegen süchtig! Eine richtige Kirsche durfte ich zwar noch nicht mit ihr bändigen, aber ich bin sicher, dass das ein Highlight mit Happy-End wird!

Bei größeren Fischen (mein Referenzwert ist ein 70er Hecht) greift die BackHoo RISE C632 ML im Drill tief in die Trickkiste und setzt dem Gegner eine Mischung aus Puffer und bei harten Fluchten mehr als ausreichend Kraft entgegen. Das reicht, um jederzeit Herr der Lage zu bleiben. Dass gezieltes Hechtangeln eher nicht zu ihren Kernkompetenzen gehört, dürfte aber selbstverständlich sein. Bezahnte Beifänge muss man aber auch bei Hindernissen im Wasser nicht fürchten.

Fazit

Wenn ein Hersteller wie Tailwalk mehr als zwei Jahre an einer Ruten-Serie festhält, dann spricht das zum einen für die Verkäufe, zum anderen dafür, dass TW immer noch zu 100 Prozent hinter seinem Produkt steht. Warum auch nicht: Ausstattung und Verarbeitung stimmen, das Design ist zeitlos schick und passt auch zu 2017er Baitcast-Schätzchen wie der Scorpion BFS. Dazu ist der einsteigerfreundliche Preis (Derzeit 159,- Euro bei Nippon-Tackle) ein starkes Argument.

Anzeige


Kunden bekommen mit der Tailwalk BackHoo Rise C632ML eine Rute, deren Eigenschaften sie für viele Angelarten mit leichten bis mittelschweren Barsch-Kunstködern überaus brauchbar macht. Der Hyperspezi, der für jeden Köder eine eigene Rute im Boot hat, wird mit ihr wahrscheinlich nicht glücklich werden, dafür ist sie zu allroundig.

Doch gerade diese Aktion — die Mischung aus Spitzenbetonung und progressiv einsetzendem Backbone —macht sie für mich so stimmig und passend. Denn neben dem Angelspaß hilft sie einem dabei, ein besserer Werfer zu werden und verzeiht manch unrunde Bewegung.

Das kann aber nur funktionieren, wenn auch eine an den Ködergewichten ausgerichtete Rolle genutzt wird. Baitcasten bleibt nunmal das Zusammenspiel dieser beiden Komponenten. Hält man sich daran, bekommt man mit der Tailwalk BackHoo Rise C632ML eine anpassungsfähige und schicke Gefährtin, die in vielen Spielarten des Baitcastens eine richtig gute Figur macht.

9.4 Leichte Alleskönnerin
  • Preis-Leistungs-Verhältnis 9
  • Vielseitigkeit 9
  • Verarbeitung 10
  • Ausstattung 9
  • 10

6 Kommentare

  1. Avatar

    Eine Baitcaster Rute die unrunde Bewegungen nicht all zu übel nimmt… mit dem Satz hast du mich an den Haken bekommen 😉

    Schönes Review und danke, dass du mich wieder auf dumme Gedanken gebracht hast. Früher oder später werde ich wohl anbauen müssen 😀

  2. Avatar

    Hey Jan,

    sehr gutes Review und schöne Bilder! Was mir besonders gut gefällt ist, dass Du direkt die optimalen Einsatzgebiete / Anwendungsszenarien für die Rute notiert hast. Das deckt sich in vielen Punkten mit meinem Eindruck vom Stöckchen. Saubere arbeit!

    Gruß,
    Marco

Schreiben Sie einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Scroll Up